Gedanken zur Hausschlachtung

Klein Schauen

Nach dem Töten kommt das Rupfen – vier geschlachtete Junghähne.

Klein Schauen

Kartenansicht Nach dem Töten kommt das Rupfen – vier geschlachtete Junghähne. (Foto: Andreas Batke)

Gedanken zur Hausschlachtung

Selbstversorgung mit Lebensmitteln war im Nachkriegsdeutschland staatlich gewollt und weit verbreitet. Noch bis zur Wende war die DDR-Landbevölkerung vertraut mit der Hausschlachtung. Meine Großeltern zogen in den Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts jährlich Schweine groß. Mal zwei, mal drei. Knollen und Rüben zur Schweinemast baute Opa selbst im Garten an. Ein fertiges Schwein wurde dann im zeitigen, kalten Frühjahr geschlachtet. Beim Betäuben und Töten, dem Bolzenschuss in die Stirn, dem schnellen Öffnen der Halsschlagader, war ich erst als Teenager dabei. Frauen traten umgehend hervor, um das ausströmende Blut in großen Emaille-Wannen aufzufangen und sofort unablässig mit einer Keule zu rühren. In den Schüsseln formte sich die Grundlage für »Tote Oma«, Blutwurst. Tot und blutleer wurde der Schweineleib kopfunter und breitbeinig auf eine Holzleiter gespannt und an das Schuppendach gelehnt. Der Bauch wurde geöffnet. In handlichen Stücken verschwand das Tier von der Leiter in den nahen Schlachtraum zur Veredelung. Es verblieben nur die Klauen am Gerüst. Was treibt jene, die immer noch Grundnahrungsmittel im Garten ziehen, Hühner halten? Letzteres kann ich beantworten. Ich halte Hühner. Eier zum Verzehr brauche ich keine zu kaufen. Da ich in manchen Jahren meine Hennen brüten und Küken aufziehen lasse, muss ich einzelne Tiere schlachten. Das Töten und Rupfen habe ich bei Opa gesehen. Das Fleisch meiner jungen Hähne schmeckt eigen und großartig im Frikassee. Die Genussgarantie ist nicht aufgedruckt, sie ist aber in meinem Kopf. »Von Mir« steht da und macht sehr zufrieden.

Die Genussgarantie ist nicht aufgedruckt, sie ist aber in meinem Kopf.

Schlachtemolle

Schlachtemolle

Schlachtemolle

Schlachtemolle, 19. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Hauklotz

Hauklotz zum Schlachten

Hauklotz

Hauklotz zum Schlachten (Foto: Armin Herrmann)

Schabeglocke

Schabeglocke

Schabeglocke

Schabeglocke aus Stahl, 21. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Geordnetes Chaos

Caroline Kiesow

Caroline Kiesow leitet seit vier Jahren die Glienicker Agrargesellschaft.

Caroline Kiesow

Caroline Kiesow leitet seit vier Jahren die Glienicker Agrargesellschaft. (Foto: Andreas Batke)

Holger Ackermann

Holger Ackermann vom NABU Kreisverband Fürstenwalde

Holger Ackermann

Holger Ackermann vom NABU Kreisverband Fürstenwalde setzt sich für mehr blühende Flächen ein. (Foto: Andreas Batke)

Geordnetes Chaos

Seit fast vier Jahren ist Caroline Kiesow Geschäftsführerin der Glienicker Agrargesellschaft. Die junge Landwirtin möchte Denkprozesse anstoßen, setzt sich für mehr Naturschutz ein, aber immer so, dass auch der Betrieb weiterhin Gewinn macht, vorangebracht wird. In und um Glienicke sind die Böden nicht die besten. »Wir sind hier bei maximal 25 Bodenpunkten oder weniger«, berichtet Kiesow. Bodenpunkte dienen als Grundlage für die Abschätzung der Ertragsfähigkeit eines Bodens. Weist dieser den Wert 100 auf, hat er die höchste Ertragsfähigkeit. Um unfruchtbare Flächen oder Schläge mit schlechten Bedingungen dennoch effektiv zu nutzen, kommt Kiesow der Gedanke, Blühstreifen anzulegen. Mit dem ansässigen Kindergarten startet sie das Projekt aus eigenem Antrieb. Mit regionalem Saatgut ausgestattet, fährt sie Maschine und Manpower auf, sät im Frühjahr 2018 für die Kinder und auch als Zeichen dafür, dass sie als Landwirtin nicht allein verantwortlich ist für das derzeitige Arten- und Insektensterben, blühende Streifen. Drei Jahre später, am 1. Januar 2021, tritt auch in Brandenburg als einem der letzten Bundesländer endlich eine »Richtlinie zur Förderung naturbetonter Strukturelemente im Ackerbau« in Kraft. Hierunter fallen ein- oder mehrjährige Blühstreifen, die Nützlingen, Bienen und Wildtieren als Wirts-, Nahrungs- oder Schutzpflanzen dienen. Caroline Kiesow kann nun mehr als 35 Hektar ihrer Flächen in bunte Blühstreifen verwandeln mit 27 heimischen Wildarten und sechs Kulturarten wie Kornblumen, Kamille, Phacelia, Mohn – und wird dabei unterstützt von der Politik. »Es ist ein erster Schritt«, sagt sie, »ausreichend ist es jedoch nicht.«

Sobald der Duft von Getreidefeldern in die Luft kommt, kriege ich Herzflackern.

Glienicker Agrargesellschaft

Caroline Kiesow auf dem Mähdrescher

Glienicker Agrargesellschaft

Kartenansicht Schon als Kind hat Caroline Kiesow ihre Sommerferien auf dem Mähdrescher verbracht. (Foto: Andreas Batke)

Blühmischung Brandenburg

Blühmischung Brandenburg

Blühmischung Brandenburg

Blühmischung Brandenburg (Foto: Armin Herrmann)

Modell »Biene«

Modell Biene

Modell »Biene«

Modell »Biene« (Foto: Armin Herrmann)

Das große Buddeln

Fritz-Walter Peter

Fritz-Walter Peter, Geschäftsführer der Peter & Gutke GbR

Fritz-Walter Peter

Fritz-Walter Peter ist seit mehr als drei Jahrzehnten Geschäftsführer der Peter & Gutke GbR. Zu den Geschäftsfeldern des Agrarbetriebes gehören auch Kartoffeln. (Foto: Andreas Batke)

Das große Buddeln

Hunderttausende Kartoffeln warten auf den Feldern zwischen den Dörfern Philadelphia und Groß Schauen nahe Storkow an den letzten Spätsommertagen darauf, ans Licht geholt zu werden. Und das geschieht dort auf eine recht ungewöhnliche Weise: Die Kunden graben einen Großteil der Kartoffeln im Rahmen eines Festwochenendes selbst aus. Der eine nimmt da ein halbes Kilogramm mit, andere tragen schon mal 600 Kilogramm Knollen in Säcken davon. Bezahlt werden muss selbstverständlich auch, beim Erfinder des »großen Kartoffelbuddelns von Philadelphia«: Fritz-Walter Peter, seit mehr als drei Jahrzehnten Geschäftsführer der Peter & Gutke GbR. Sechs Beschäftigte und rund 400 Hektar Land gehören dazu. Kartoffeln: »Die machen wir schon immer«, sagt Peter. Das ist alles andere als selbstverständlich. Denn gleichwohl die Knolle traditionell zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln in der Region gehört und seit mehr als 200 Jahren als fester Bestandteil der märkischen Landwirtschaft gilt, ist der Anbau stark rückläufig. Die Peter & Gutke GbR baut heute noch auf rund 12 Hektar Kartoffeln an. Bis zu 40.000 Kilogramm kann sie bei guten Bedingungen pro Hektar ernten. Die größte Menge wird dabei Ende September an einem einzigen Wochenende verkauft: Das »große Buddeln« hat Philadelphia und Groß Schauen nicht nur weit über die Region hinaus bekannt gemacht, längst ist es auch eine wichtige Einnahmequelle für die Peter & Gutke GbR. Und so etwas wie Brauchtumspflege für gleich mehrere Dörfer: So fahren die Schlepperfreunde Philadelphia die Kartoffelausbeute der Gäste zur Waage und zeigen historische Ernte-Technik, während die Landfrauen Kaffee und selbstgebackenen Kuchen anbieten.

Jedes Jahr ist anders, aber die Veränderung des Klimas ist schon zu merken.

Philadelphia

Lutz Werner ist als »Alter Fritz« beim Kartoffelbuddeln dabei und verliest den historischen Kartoffelbefehl.

Philadelphia

Kartenansicht Lutz Werner ist als »Alter Fritz« beim Kartoffelbuddeln dabei und verliest den historischen Kartoffelbefehl. (Foto: Andreas Batke)

Kartoffelhack und Korb

Kartoffelhack und Korb

Kartoffelhack und Korb

Kartoffelhack und Korb, 20. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Kartoffelhacke

Kartoffelhacke

Kartoffelhacke, 20. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Blaubeerkamm

Blaubeerkamm

Blaubeerkamm

Blaubeerkamm, 20. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Den Wandel leben

Angela Kurzhals und Michaela Berend

Angela Kurzhals (l.), die den Laden früher geleitet hat, trifft heutige Quick-Shop-Betreiberin Michaela Berend

Angela Kurzhals und Michaela Berend

Angela Kurzhals (l.), die den Laden früher geleitet hat, ist für Quick-Shop-Betreiberin Michaela Berend eine wichtige Beraterin. (Foto: Andreas Batke)

Den Wandel leben

Als gelernte Gastronomin mit langjähriger Erfahrung als Filialleiterin eines Lebensmittel-Discounters, wird die Stelle von Michaela Berend 2016 derart unattraktiv, dass sie den Weg in die Selbstständigkeit wählt. Die Chance für den Laden an der L23 in Spreeau ergibt sich kurzfristig, und mit Unterstützung ihres Mannes wagt sie den Wechsel. Seitdem ist der Quick Shop die Drehscheibe des beruflichen und privaten Lebens der 54-Jährigen. Um zu bestehen, bedarf es einer komplexen und spezifischen Mischung, die eine breit gefächerte Kundschaft aus pendelnden Bauarbeitern, Fernfahrern, Radreisenden und Einheimischen zu adressieren vermag. Der eine kommt morgens wegen der belegten Brötchen und der Bockwurst, die andere liebt die Milchquelle und von den nächsten werden vor allem am Wochenende die frischen Brötchen geschätzt. Der Quick Shop-Ansatz kontrastiert das seit einiger Zeit wiederbelebte Konzept der Dorfläden. Mit der Förderung von Regionalisierung und Gemeinschaft, zielt es auf die Lösung der Herausforderungen in ländlichen Gebieten ab. Zum romantischen Sinnbild erhoben, operieren die neuen Dorfläden aber vielerorts mit einer idealistischen Haltung an lokalen Realitäten vorbei. Dem Quick Shop passiert das nicht. Raststätte und Café, Späti und Dorfladen – all das fügt sich gut zusammen. »Von Lebensmitteln allein würde der Laden nicht überleben. Die Discounter übernehmen heute die Waren des täglichen Bedarfs.« Die Besonderheit des Quick Shops zeigt sich dabei auch in dem Zusammenspiel mit den Kunden und Kundinnen, denn hier hat man noch Zeit für einen kurzen Plausch.

Von Lebensmitteln allein würde der Laden nicht überleben.

Quick Shop Spreeau

Die einladende Theke des Quick Shops in Spreeau

Quick Shop Spreeau

Kartenansicht Die einladende Theke erinnert an eine Mischung aus Bäckerei und Schnellimbiss (Foto: Andreas Batke)

Quick Shop Spreeau

Ladenraum des Quick-Shops in Spreeau

Quick Shop Spreeau

Kartenansicht Ladenraum des Quick-Shops in Spreeau (Foto: Andreas Batke)

Kundenstopper

Kundenstopper

Kundenstopper

Kundenstopper, 21. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Konsum-Körbe und –Werbung

Konsum-Körbe aus Leichtmetall

Konsum-Körbe und –Werbung

Konsum-Körbe aus Leichtmetall (Foto: Armin Herrmann)

Geschmacksbildung

Adrian Hahs

Adrian Hahs hat in der »KochHütte« eine Ausbildung zum Koch gemacht

Adrian Hahs

Adrian Hahs hat in der »KochHütte« eine Ausbildung zum Koch gemacht und wird nun in einem Restaurant in Köln arbeiten. (Foto: Andreas Batke)

Geschmacksbildung

Bis heute reden wir gern übers Essen und Trinken. Aktuell wird viel darüber debattiert, was, wie und warum selbst gekocht wird; eine großzügige Küche ist zum Statussymbol geworden. In vielen Restaurants und Kantinen gibt es dagegen Nachwuchsprobleme. Kochen für viele will gelernt sein. Das weiß auch Robert Weichert, Koch und Ausbilder am QualifizierungsCentrum der Wirtschaft GmbH, einer Tochtergesellschaft der ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH. Sein Arbeitsplatz heißt „KochHütte“ und befindet sich auf dem weitläufigen Werksgelände in einem unscheinbaren DDR-Bau. »Es wird häufig der Eindruck vermittelt, dass man locker seine Soße umrührt. Dabei deckt das Kochen vielleicht 20 Prozent des Berufs ab.« Weichert leitet zurzeit sechs Auszubildende an. Die Stammbelegschaft besteht aus drei Köchen und zwei Lehrlingen; zusammen bereiten sie täglich rund 350 Essen zu, das Gros gleich frühmorgens. Planung ist alles: »Unsere Speisepläne erstellen wir für 25 Wochen im Voraus. Dabei ist Nachhaltigkeit in der Küche immer ein Thema, einfach schon aus wirtschaftlichen Gründen, weil natürlich alles, was hier an Lebensmitteln anfällt, Kapital ist.« Gut zu planen lernen junge Köchinnen und Köche spätestens in der Ausbildung. »Zu Anfang wollte ich gar kein Koch werden, sondern Einzelhandelskaufmann«, erzählt Adrian Hahs. »Durch einen Freund habe ich das dann hier kennengelernt. Und es hat mir Spaß gemacht.« Nach seiner Ausbildung wird Hahs in einem Kölner Restaurant anfangen. Lehrmeister Weichert freut sich für seinen Schützling: »Ein Koch, sagt man, muss viel gesehen haben. Wenn er sein Leben lang in einer Küche verbringt, ist das eher kontraproduktiv. Es ist völlig normal, dass man seine Kreise dreht.«

Schule war nie so mein Ding.

KochHütte

KochHütte - Ausbildungsrestaurant

KochHütte

Kartenansicht Azubi Adrian Hahs und Ausbilder Robert Weichert bei der Arbeit in der Küche (Foto: Andreas Batke)

Dekorationsapfel

Dekorationsapfel

Dekorationsapfel, 21. Jh (Foto: Armin Herrmann)

Tafelausatz

Tafelaufsatz

Tafelausatz

Tafelaufsatz, 1900 (Foto: Armin Herrmann)

En feine Wii a dere Lag!

Weingut Patke

Mitarbeitenden des Weingutes Patke bei der Lese

Weingut Patke

Kartenansicht Mitarbeitenden des Weingutes Patke bei der Lese (Foto: Andreas Batke)

En feine Wii a dere Lag!

Der Weinberg »Pillgramer Jacob« ist ein ehemaliger Getreideacker von knapp einem Hektar. »Sie werden es nicht glauben, aber inzwischen haben wir hier Toskana-Klima. Doch die Nächte sind relativ kühl. Das sorgt für konstante Säurewerte. Und die Nähe zum Dorf vermindert das Risiko von Frösten im Frühjahr.« Matthias Jahnke ist Winzer, Brenner und Geschäftsführer des Weingutes Patke. Den Bauernhof hat er von seiner Großmutter Ilse Patke übernommen. 2014 setzte man dort die ersten Weinstöcke, im Dezember 2016 wurde mit seinen drei Brüdern Marcel Jahnke sowie Steffen und Holger Lehmann eine GbR gegründet. Rat holte Matthias Jahnke sich bei einem alten Weinbauernverein in Granow bei Guben, einer Gegend, in der schon mehr als 400 Jahre Reben stehen. Und als die Granower im Herbst 2016 aus Altersgründen aufgaben, übernahm er den ein Hektar großen »Langen Rücken« mit Weinscheune und angeschlossener Kellerei. Deshalb werden die Pillgramer Trauben bisher noch in Granow gekeltert. Seit zwei Jahren bietet Matthias Jahnke auch Brände an, hat aus Rießen eine Brennerei übernommen. Und er möchte in Pillgram bis auf 15 Hektar aufreben, erst dann könne man darüber reden, ob sich die Weinbauerei rechne. »Das alles ist bisher noch Liebhaberei.« Auf einem Areal direkt an der Grenze zur Obstbaugenossenschaft Markendorf soll es weitergehen. »Wir beleben diesen historischen Weinberg wieder. 2022 wird mit mehltauresistenten Sorten aufgerebt! Die alten Weinbauern wussten um die Lagegunst dieses nach Süden geneigten Hanges, der durch die abfließende Kaltluft optimal gegen Frühjahrsfröste schützt.«

Wir waren eher skeptisch.

Weinballon

Weinballon

Weinballon, 20. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Ab ins Glas!

Unverpackt

Eier im Laden »Naturlieb unverpackt«

Unverpackt

Kartenansicht Eier im Laden »Naturlieb unverpackt« in Bad Saarow (Foto: Andreas Batke)

Ab ins Glas!

Im Juli 2021 hat Annett Giese ihren kleinen Laden in der Pieskower Straße in Bad Saarow eröffnet. Zuvor arbeitete sie viele Jahre in einem Fürstenwalder Baumarkt, als Leiterin des Gartencenters. Gesundheit, Nachhaltigkeit, Umweltschutz – diese Themen beschäftigen die 42-Jährige schon länger. Dann kam Corona – und in ihr wuchs der Wunsch, sich zu verändern. »Ein Bioladen – das wäre schön! Aber dann auch gleich unverpackt.« 18,9 Millionen Tonnen an Verpackungsabfällen sind laut Umwelt-Bundesamt in Deutschland im Jahr 2018 angefallen. Im Jahr 1991 waren es noch 15,6 Millionen. Unverpacktläden wie der von Annett Giese wollen dem etwas entgegensetzen: Statt ihre Waren eingeschweißt und in normierter Abfüllung einzukaufen, können Kundinnen und Kunden sie dort selbst »verpacken« – und zwar genau so viel, wie sie tatsächlich benötigen. Während Annett Giese Lebensmittel wie Mehl, Nudeln, Reis und ähnliches bei entsprechenden Großanbietern bestellt, kauft sie anderes direkt und möglichst vor der Haustür ein: Obst und Gemüse in Hangelsberg, Kartoffeln in Alt Golm, Milch in Buchholz, Kaffee in der Rösterei in Bad Saarow, Eier in Briesen, die Beet-, Gemüse- und Staudenpflanzen, die sie nebenbei noch vor dem Laden anbietet, in Neuendorf. »Für mich ist das ein wichtiger Aspekt, dass ich auch einer vierköpfigen Familie die Chance geben möchte, gesund einzukaufen«, sagt sie und beharrt darauf: »Bio muss nicht teuer sein.« Beim Thema Müll ist die Sache für sie ganz klar: »Wir müssen irgendetwas machen, sonst sind wir die Generation, die den Stempel hat, sich nicht um die Lebensbedingungen der nachfolgenden gekümmert zu haben.«

Bio muss nicht teuer sein.

Der Herr der Teiche

Der Herr der Teiche

Den Appetit auf Fisch hat Thomas Müller nicht verloren. »Ich esse gerne Seefisch, aber auch Hecht und Zander«, sagt er, »und Weihnachten und Ostern mindestens einmal Karpfen in Biersoße.« Die Genossenschaft Schlaubefisch, die der 62-Jährige seit der Wende leitet, bewirtschaftet im Landkreis Oder-Spree die beiden Pohlitzer Seen und den Stillen Treppelsee, dazu kommen die Teiche in Bremsdorf und in Friedland. Zählt man auch die Standorte in Frankfurt (Oder) und dem Landkreis Märkisch-Oderland dazu, sind die fünf Mitarbeiter der Genossenschaft mit Sitz in Falkenhagen auf 32 Teichen und 15 Seen unterwegs, dazu noch auf der Oder. »In der Karpfenteichwirtschaft haben wir einen Vollbetrieb, das heißt einsömmrige, zweisömmrige und dreisömmrige sind dabei. Die dreisömmrigen sind dann die Speisekarpfen«, erklärt Müller. Die ein- und zweisömmrigen Satzfische gibt die Schlaubefisch e.G. an andere Betriebe oder Anglervereine ab, der Speisekarpfen, von dem die fünf Fischer etwa 50 bis 70 Tonnen ernten, »geht in alle Welt«. Allerdings werden jährlich fünf Tonnen davon in den Verkaufsstellen der Genossenschaft direkt vermarktet. Eine Zukunft für seinen Betrieb sieht Müller dennoch nicht, wenn er am 1. Januar 2025 in Rente geht. »Das will keiner machen. Die jungen Leute sagen zwar, ach, das ist ein schöner Beruf, Fischer möchte ich werden. Die sehen uns ja nur im Sommer auf dem Boot. Die müssen aber auch mal im November dabei sein, wenn wir die Teiche ablassen und da zehn Tonnen Karpfen bei strömendem Regen und null Grad rausholen und möglichst noch ein scharfer Wind dazu.«

Das will keiner machen

Von Hummus bis Kibbeh

Mahmoud Sharfo

Mahmoud Sharfo in seinem syrischen Imbiss in Beeskow

Mahmoud Sharfo

In seiner Heimat war Mahmoud Sharfo Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei – in Beeskow betreibt er jetzt einen syrischen Imbiss. (Foto: Andreas Batke)

Von Hummus bis Kibbeh

Schon von Weitem fällt der grün-gelbe Imbiss von Mahmoud Sharfo auf – eine orientalisch-kulinarische Insel am Beeskower Bahnhof. Noch vor ein paar Jahren war dort nur Brachland. Nun steht hier ein syrisches Schnellrestaurant mit einer Terrasse samt Wasserspiel und einer Spielecke für Kinder. Sharfo ist es wichtig, dass seine Gäste sich wohlfühlen und gerne Zeit bei ihm verbringen. Das inspirierte ihn auch zu dem Namen »Meet & Eat«, auf Deutsch »treffen und essen«. Mahmoud Sharfo war nicht immer Imbissbetreiber. In Syrien arbeitete er 20 Jahre lang als Rechtsanwalt und besaß eine eigene Kanzlei. Bis 2011 der Krieg ausbrach und die zehnköpfige Familie flüchten musste. In Deutschland wurde Sharfos Jurastudium nicht anerkannt. »Gerne gekocht und gegessen habe ich schon immer. Dann dachte ich, warum kann ich nicht syrisches Essen nach Deutschland bringen?« Am 8. Juni 2019, nach einer zweijährigen Vorbereitungszeit, eröffnete Mahmoud Sharfo Beeskows ersten syrischen Imbiss. Der größte Unterschied zwischen der deutschen und der syrischen Küche sind die Zutaten. In Syrien verwendet man zum Beispiel Sesam, Minze, Kichererbsen, Weinblätter und Aubergine. Daraus kocht man traditionelle Gerichte wie Hummus, pürierte Kichererbsen mit Olivenöl, oder Kibbeh, frittierte Klöße aus Hartweizen, Hackfleisch und Zwiebeln. Besonders wichtig ist es Sharfo, dass die Menschen beim Essen gemeinsam Zeit verbringen und sich austauschen. Das ist seine Vorstellung von gelungener Integration, und zu diesem Dialog will er ein Stück weit beitragen.

Beeskow

Der syrische Imbiss von Mahmoud Sharfo

Beeskow

Kartenansicht Für Mahmoud Sharfo ist sein Imbiss auch ein Treffpunkt der Kulturen. Aufgebaut und gestaltet hat er ihn mit Unterstützung seiner Familie. (Foto: Andreas Batke)

Falafel-Portioniere und Streichlöffel

Falafel-Portioniere und Streichlöffel

Falafel-Portioniere und Streichlöffel

Falafel-Portioniere und Streichlöffel, 21. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Klemmeisen

Klemmeisen

Klemmeisen

Klemmeisen, 19. Jh. (Foto: Armin Herrmann)

Mahlows im Glück

Wellmitz

Enten auf einer Wiese

Wellmitz

Kartenansicht »Bei uns kommt kein Vieh ins Haus!«, glaubte Hildegard Mahlow anfangs noch. Doch es kam anders. (Foto: Andreas Batke)

Mahlows im Glück

Was braucht man zum Glücklichsein? Eine Tätigkeit, die Freude bereitet. Das mehr als 80 Jahre alte Bauernehepaar Mahlow aus Wellmitz ist dankbar für sein Leben und für das, was es geschaffen hat. Lothar Mahlow wollte Fleischer werden. Leider durfte er nicht auslernen, da der Vater Hilfe in der eigenen Wirtschaft brauchte. Nebenher arbeitete er dann als Schichtfahrer in der Landwirtschaft. Hildegard Mahlow wiederum wollte schon immer etwas mit Zahlen machen, deshalb hat sie bei der Sparkasse gelernt und sogar eine eigene Filiale in Wellmitz aufgebaut. Aber wie kommt man von der Sparkasse aufs Feld? Angefangen hat es mit einer Henne, dann kam das erste Kaninchen, und schnell wurden es mehr. Später folgten Schweine und Rinder. Lothar Mahlow meint verschmitzt, die Leberwurst und der Schinken seien zu DDR-Zeiten die beste Tauschware gewesen, die man sich habe vorstellen können. »Wir bauten auch viel Gemüse an. Blumenkohl, Gurken, Porree. Laut Absprache holte die GHG (Großhandelsgesellschaft) Eisenhüttenstadt alles von uns zu Hause ab. Abgerechnet wurde später.« Mit dem Gemüse, sagt Hildegard Mahlow, habe sie mehr verdient als in der Sparkasse. Nach der Wende wurden überall Leute entlassen, und Lothar Mahlow musste 1992 mit 54 Jahren in den Vorruhestand gehen. Aber an ein Rentnerdasein war nicht zu denken. »Wir versuchten, aus dieser Zeit das Beste zu machen und bauten unseren Landwirtschaftsbetrieb weiter aus«, erzählt Hildegard Mahlow. »Wir waren im Kreis Eisenhüttenstadt der erste Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb.« 2010 übernahm Sohn Roland den Betrieb im Nebenerwerb. »Aber wir bewirtschaften noch weiter unsere Gemüseflächen.«

Wir waren im Kreis Eisenhüttenstadt der erste Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb.