Typenbau mit Klasse
Fangschleuse

Fangschleuse
Kartenansicht DDR-Siedlungsbau: Eigenheim des Typs EW 71A in Fangschleuse (Mitte) (Foto: Andreas Batke)
Typenbau mit Klasse
Ein Wohnhaus als Bausatz
Schöpfer der EW-Typenhäuser war Willy Stallknecht, der Architekt, der auch den Plattenbau P2 mit der bekannten Durchreiche konzipierte. EW stand für Einfamilienwohnhaus. In der noch recht jungen DDR waren sie als Beitrag gedacht, das Wohnraumproblem zu lösen. Das EW war, so könnte man es beschreiben, als Bausatz zu haben. Die Bauherren erhielten einen Plan und – soweit vorhanden – Baumaterial. Von 1958 an bis zum Ende der DDR wurden verschiedene Typen des EW erdacht – vom EW 58, vollunterkellert mit und ohne Loggia, bis hin zum EW 65 mit seiner Durchreiche. In den 1970er-Jahren litt die ländliche DDR unter drückendem Arbeitskräftemangel. Das Volksgut Lindenberg versuchte daher, junge Fachleute an sich zu binden, indem es ihnen ein Eigenheim in der Ausführung EW 65 BB als Doppelhaus versprach. Jochen Mangelsdorf, 26 Jahre alt, Diplomagraringenieur, verheiratet mit zwei Kindern, zog für das Angebot gern dauerhaft nach Lindenberg. Um den Privatbau verwirklichen zu dürfen, musste er versprechen, dem Volksgut mindestens 15 Jahre lang treu zu bleiben. 75.000 Mark Festpreis kostete ein EW-Bau. 10.000 Mark wurden erlassen – für das Treueversprechen. Eine besondere Herausforderung waren die Beschaffungsaufgaben. Klassisch beschafft wurden Wand- und Bodenfliesen. Aber auch Technik wie Heizungsrohre oder Kessel für die in den Siebzigerjahren beliebten »Schwerkraftheizungen«. Als Jochen Mangelsdorf eine Annonce schaltete: »Suche Heizkessel für Schwerkraftheizung«, antwortete ihm jemand: »Suche ebenfalls einen Heizkessel. Falls es Ihnen gelingt, zwei zu besorgen, biete ich Ihnen im Tausch eine Bohrmaschine an.«
Suche Heizkessel für Schwerkraftheizung
Prospekt für Doppelhaus »EW 65«

Prospekt für Doppelhaus »EW 65«
Angebotsprospekt von 1972 für ein »Doppelhaus EW 65 B/D« (Foto: Bernd Choritz)